Le ravissement
Iris Kaltenbäck, Frankreich, 2023o
Frisch getrennt, stürzt sich Pariserin Lydia in ihren Beruf als Hebamme. Als ihre beste Freundin Salomé schwanger wird, ist dies eine weitere Ablenkung von ihren eigenen Problemen. Doch als sie das Baby der Freundin einem einstigen One-Night-Stand gegenüber als ihr eigenes Kind ausgibt, verstrickt sich in ein Netz von Lügen.
Le ravissement lässt sich mit «Die Entrückung» übersetzen und bietet ein filmisches Erlebnis, als wohne man einer Zugentgleisung in Zeitlupe zu. Das Leben der Pariser Hebamme Lydia gerät aus den Fugen, als eine weitere Beziehung in die Brüche geht und gleichzeitig ihre beste Freundin Salomé schwanger wird. Ein One-Night-Stand mit einem schlaflosen Busfahrer löst dann eine Kette von Affekthandlungen und Lügen aus, an deren Ende das Leben aller beteiligten Figuren aus dem Tritt sein wird. Die französische Kinodebütantin Iris Kaltenbäck begegnet dabei selbst den irritierendsten Entscheidungen ihrer Protagonstin mit unbedingtem Willen zum Verständnis. Dass sich sowohl über die psychologische wie über die narrative Plausibilität mancher Ereignisse streiten lässt, scheint der Regisseurin bewusst zu sein, wenn sie die Geschichte aus der Perspektive einer der Figuren aufrollt, die nach verpassten Hinweisen sucht. Angenehm anzusehen sind Lydias zahlreiche kleine Sprünge ins Verderben nicht, gerade weil sie mit offenen Augen geschehen. Die Hauptdarstellerin Hafsia Herzi vermittelt das krampfhafte Aufrechterhalten einer immer brüchiger werdenden Fassade jedoch so eindringlich, dass man kaum anders kann, als ihr mit Empathie zu begegnen.
Dominic Schmid