Landammann Stauffacher
Leopold Lindtberg, Schweiz, 1941o
Wenige Jahre nach der Gründung der Eidgenossenschaft müssen sich die Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden entscheiden, ob sie sich den erneut drohenden Steuervögten der Habsburger beugen oder den bewaffneten Konflikt riskieren. Im Zentrum des Tauziehens stehen der eigensinnige Schwyzer Landammann Stauffacher und sein Bruder, die sich auch uneinig sind.
Als die deutsche Kriegsmaschinerie im Juni 1940 Frankreich innert Monatsfrist zur Kapitulation zwang und der Bundesrat mit einer unterwürfigen Radioansprache reagierte, machte sich auch in der Schweiz Defätismus angesichts der Nazi-Übermacht breit. Einen Monat später schwor General Guisan sein auf dem Rütli versammeltes Offizierkorps auf die allfällige Verteidigung des Landes aus dem Alpen-Reduit heraus ein und stärkte damit den Wehrwillen. Landammann Stauffacher, wenig später unter Armeeaufsicht gedreht, ist das schillerndste filmische Zeugnis dieser «geistigen Landesverteidigung». Es geht um das Tauziehen zwischen den Urkantonen Uri, Schwyz und Unterwalden im Jahr 1315, ob man vor der Habsburger Übermacht einknicken und fremde Steuervögte wieder akzeptieren oder die kürzlich errungenen Freiheitsrechte mit Waffen verteidigen will. Die Urner und Unterwaldner wanken, doch der Schwyzer Landammann Stauffacher, verkörpert vom Urvieh Heinrich Gretler, stiert den geeinigten Widerstand durch, der in die (historisch mager belegte) Schlacht am Morgarten mündet. Unvermeidlich, dass dabei vor allem in der ersten Filmhälfte viel deklamiert wird. Doch Kameramann Emil Berna schafft kräftige Helldunkel-Kontraste und Drehbuchautor Richard Schweizer spinnt mit einem doppelzüngigen Vermittler, einem hinterhältigen Spion und dem braven Emil Hegetschwiler in ungewohnter Verräter-Rolle Intrigen, die im letzten Drittel auf ein zeitloses Dilemma zulaufen: Ist die Freiheit wirklich jeden Preis wert oder – in scheinbar aussichtsloser Lage – Prinzipienreiterei auf Kosten allzu vieler? Die Frage spitzt sich im Privaten zu, als Stauffachers Sohn von Feindeshand fällt, und wird im Finale umso vehementer vom Tisch gefegt: Das «einig' Volk von Brüdern» wird die Invasoren mit Steinbrocken und Baumstämmen bodigen ... Der aktuelle Kinofilm William Tell zeigt, wie solche Low-Tech-Mythen bis ins Zeitalter des Cyberkriegs gehalten haben.
Andreas FurlerGalerieo



