One Life
James Hawes, GB, 2023o
Bei einem Besuch in Prag stösst der Londoner Börsenhändler Nicholas Winton 1938 auf Tausende jüdischer Familien, die vor den Nazis geflohen und weiterhin akut bedroht sind. In einem Wettlauf gegen die Zeit versuchen er und eine Handvoll Getreuer, möglichst viele Kinder nach England zu bringen, bevor die Grenzen ganz zugehen. 1988 wird die Rettungsaktion, über die er fünfzig Jahre geschwiegen hat, ein Medienthema . – Nach wahren Begebenheiten.
Nachdem Nazi-Deutschland 1938 das Sudentenland in der Tschechoslowakei besetzt hatte, fuhr der wohlhabende Londoner Börsenmakler Nicholas Winton (1909-2015) nach Prag, um Tausenden geflüchteter Familien zu helfen – die meisten von ihnen jüdischer Herkunft. Vom Schicksal der vielen Kinder aufgerüttelt, versuchte er, so viele wie möglich vorübergehend – so jedenfalls dachte man – nach Grossbritannien in Sicherheit zu bringen. Frei von persönlichen Interessen, ohne jeden offiziellen Auftrag und unter enormen Anstrengungen rettete Winton so 669 Kinder. Die Verfilmung seiner Lebensgeschichte mit Antony Hopkins als altem und Johnny Flynn als jungem Winton ist weitgehend frei von Pathos und historischem Kitsch – und gerade deshalb zutiefst bewegend. Eine bessere Dramaturgie als jene, die das Leben hier selbst schrieb, ist auch kaum denkbar: Die Rettungsaktion des vollkommen bescheidenen Winton blieb bis Ende der 1980er Jahre, in denen ein Grossteil des Films spielt, unbekannt und wurden einer breiten britischen Öffentlichkeit erst über Fernsehbeiträge bewusst. Von selbst versteht sich zudem, dass es in diesem Film nicht nur zum x-ten Mal um den Holocaust geht. Die Botschaft von menschlicher Grösse und persönlichem Einsatz, der Verfolgten und Geflüchteten handfeste Hilfe bietet, ist an keine historische Epoche gebunden.
Till Brockmann